Wer Lastenrad fährt, muss keinen Parkplatz suchen.
Wie Berlin mit weniger Auto funktionieren kann, darum ging es bei einer Podiumsdiskussion der IHK mit dem ADFC Berlin.
Berlin mit viel weniger Auto? Wie das funktionieren würde, darüber diskutierten unter anderem Eberhard Brodhage, Co-Vorsitzender des ADFC Berlin, Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin, Antje Bruno vom DenkRaum Stadt und Gerd Bretschneider von der Fuhrgewerbe-Innung. Die Diskussion war Teil des Kongresses „Weltmetropole. Berlin leben & gestalten”, der von der Industrie- und Handelskammer (IHK) am 10. Juni ausgerichtet wurde.
Bei einem Kongress zur „Weltmetropole Berlin“ dürfen Vergleiche mit anderen Weltmetropolen nicht fehlen. In Seoul etwa wurde ein Fluss, der unter eine Autostraße lag und als Kloake beschrieben werden konnte, freigelegt, gesäubert und mit ansprechender Ufergestaltung versehen. Plötzlich wurde einer der lebensfeindlichsten Orte in der Stadt zu einem Ort, an dem sich Menschen gerne aufhalten. Von solchen Beispielen, wie Städte durch weniger Autos mehr Lebensqualität entwickeln, berichtete die historische Urbanistin Antje Bruno. Mit Zahlen unterstützt wurde sie dabei von Andreas Knie, Professor für Mobilitätsforschung. Die Autonutzung ist in Deutschland in den letzten zehn Jahren klar zurückgegangen. Ein guter Trend, wenn man die Aufenthaltsqualität in den Städten verbessern will.
Welche Rolle das Fahrrad hierbei spielen kann und welche Potentiale es hat, verdeutlichte Eberhard Brodhage vom ADFC-Berlin. Mit einer Umstellung auf das Lastenrad fiele für den Teil des Wirtschaftsverkehrs, der hauptsächlich Personen oder leichte Güter befördert die Voraussetzung „Führerschein“ bei der Mitarbeiter:innensuche weg. Ebenso überflüssig würden die lästige Parkplatzsuche sowie das gefährliche Stehen in zweiter Reihe. Spezielle Beratungsangebote helfen Unternehmen bei der Wahl passender Lastenräder. Desweiteren würde durch die effizientere Nutzung der Verkehrsflächen mehr Platz für die großen Schwerlasttransporte frei, auf deren bleibende Notwendigkeit Gerd Bretschneider von der Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg hinwies.
Auch für den Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit können Arbeitgeber:innen Hürden für Mitarbeiter:innen durch u.a. sichere Abstellmöglichkeiten abbauen. Dadurch würden sie erstens attraktiver für potentielle neue Mitarbeiter:innen. Zweites sind Mitarbeiter:innen, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, gesünder und fitter, wie die Krankenkassen immer wieder belegen. Beraten und auch zertifizieren lassen können sich Unternehmen bei der Umstellung vom ADFC-Programm Fahrradfreundlicher Arbeitgeber. www.adfc.de/artikel/fahrradfreundlicher-arbeitgeber.
Aber: Bisher ist die Infrastruktur von Gefahrenstellen, Wurzelaufbrüchen, keinem Winterdienst, zu wenig Platz zum Überholen, fehlenden Radwegen geprägt. Das wird alle Berliner Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen abschrecken, die an der Verkehrswende mitwirken wollen. Frau Verkehrssenatorin Bonde, übernehmen Sie!
Text: Solveig Selzer, politische Referentin des ADFC Berlin.